Kerbespruch 1958

 

Seid mir gegrüßt, Ihr lieben Gäst

heut zu unserem Kerwefest.

Bärstädter Kerb weit und breit bekannt,

drum sinn se komme, weit aus em Hinnerland.

Mit Schnawwelschuh und Bügelfalte

wird bei uns die Kerb gehalte.

Ein ganzes Jahr ist wieder mal vorbei

so e Ding wie die Kerb müsst öfter sei.

Drum werft Euer Alltagssorge übern Haufen

und lasst heut’ einen mehr durch die Kehle laufen – V i v a t!

 

Jetzt will ich Euch in bunten Bildern, was in unserm Dorf geschah,

in kurzen Worten schildern:

Als erster sei unser Bürgermeister genannt,

er ist ja allen gut bekannt.

Er ist ein Kerl von Schrot und Korn
er ist hinne nett wie vorn.

Er betreibt die Politik mit List
und schmeißt bei uns mit Bravur die Kist.

Er führte die Gemaasteuern mit Geschick
und bringt uns langsam zum Wohlstand zurück.
Sei graue Haare komme net von heut auf morgen.

Sein Vergissmeinnicht macht ihm noch manche Sorgen.

Das Bezahlen fällt ihm gar zu schwer,

wo bleibt nur der Zuschuss der Feuerwehr. – V i v a t!

 

Dieses war der erste Mann
und  jetzt kommt unser Förschter dran.
Unser Förschter ist noch ein Mann
auf den sich die Gemaa verlasse kann.
Er plant und baut Wege
und ist auch sonst noch sehr rege.
Seit Motorrad tut ihm manchen Weg erspar’n
er fuhr mit samten Familienglück
und gut erholt kam er zurück.
Auf, ihr Musikante, spielt ihm ein Stück
auf sein enormes Weidmannsglück. – V i v a t!

 

In unserm Örtchen, da tut sich was rühr’n
die Bauern tun alle ihr Häuschen verzier’n.

Das Bauen ist bei uns im vollen Schwung,

mit und ohne Baugenehmigung.

Ums Handumdrehen
tun ganze Häuser entstehen.

Alles wird gemacht in einer Hatz,

Unternehmer ist die Firma „ S c h w a r z“. – V i v a t!

 

Ein Lob sei unsrer Vertretung gezollt
sie haben bis jetzt nur das Beste gewollt.
Die rate hin und rate her
und wissen manchmal keinen Ausweg mehr.
Doch einmal hatten sie einen Ausweg gefunne
und beim Johann seinem 50ten noch kräftig gesunge.

 

 

Chantré, Asbach, Coca-Cola und Sekt

hei, wie hat das den Parlamentariern geschmeckt.

Es wurde gesunge und gelacht
und aner bot de annern nach Hause gebracht.
In der Borngaß soll’s am schlimmste gewesen sei
mit vier Mann sterzte se in de Herschborn nei. – V i v a t!

 

Doch Gemeindevertreter, gebt  Euch keine Blamasch
und baut em Schullehrer endlich sei Garasch!

Kommt vielleicht ein Wechsel,
man weiß net, was noch bringe die Zeite,
und der Nachbar tut vielleicht gern reite.

Dann lässt sich ein Stahlbau auch nicht vermeide.

Baut ihm das Ding, ohne lang’ zu frache

Sonst ist kaputt sein schöner Waache!! – V i v a t!

 

Ein Reiterverein will bei uns entsteh’n.
Zwei Reiter kann man durch’s Gelände galoppieren seh’n.

Auf der Huppert werden die Gäule abgerichtet,
dass sich im Gelände keiner die Knoche bricht.

Aber der Dritte im Bund
dreht lieber in der Kutsch’ die Runde. – V i v a t!

 

Auf dem Fischbacher Berg in luftiger Höh
ihr Leut’, da könnt ihr noch manches seh’.

Feldschmied, Amboß, Auto, Holz und Steine
wird abgeladen noch beim Mondenscheine.

Das Inventar rollt an bei Tag und Nacht,

es scheint als hätt’ der Lumpe-Pfaff bankrott gemacht.
Doch alles Gute brauch sei Zeit.

Ich glaube, in einigen Jahren ist es so weit!

                                   (Auf den Vierjahresplan) – V i v a t !

 

Jetzt muß ich Euch was saache,
mit dene Mopedfahrer, das is noch ne Plaache.

Sie renne durchs Örtche hin und her
mer ment net dass es möglich war.

Mit knatterndem Motor und ohne Auspuffdippe
sieht man die R e n n f a h r e r auf der Straße rumhippe!

Mer hoffe nur, dass der Winter bald kimmt

und die verfluchte Raserei ein Ende nimmt. – V i v a t!

 

Bei einem Richtfest konnt’ neulich einer net viel vertrage
er wollt’ tatsächlich anschließend den Wirt noch verschlage.

Ein paar Liebkosungen hat er über die nächtliche Straße gebrüllt
auf die Gefahr hin wurde ihm sein Glas doch noch gefüllt. – V i v a t!

 

Bei uns im Dorf die Kartongindustrie,

ich muß Euch sagen, die klappt wie noch nie.
Die Frauen müssen von auswärts noch her,

denn die Bärstädter Weiblichkeit reicht nicht mehr.
Die Firma vergrößert sich von Jahr zu Jahr
der Aufstieg ist wirklich wunderbar.
Während  den Pausen trinken sie Cola wie die Wölf
kein Wunder, die Firma schafft für 4711.

 

Dem Inhaber macht’ eins zu schaffen in dieser Zeit,

das viele Geld für die Gewerbesteuer tut ihm leid.

Drum Gemeinde, vergesst nicht seinen Namen
und haltet die Steuer etwas im Rahmen.

Er greift tief in sein Säckel, wenn’s zu helfen gilt
und hat so manches Kinderherz schon mit Freude erfüllt. – V i v a t!

 

Die Landwirtschaft hat sich stark modernisiert,

da ist neulich ein tolles Stück passiert.
Traktor, Gaul und Kuh taten vorm Pflugg versage,

da wurde vorgespannt der Wickingwage.
Doch sein Sohn hat sich in der Gangschaltung vertan
da fiel der Alte mit dem Pluck in die Kartoffel mit Elan.

Doch die Moral von der Geschicht

ackere mit einem Auto nicht. – V i v a t!

 

Mein Spruch ist bald aus,

aber geht nicht nach Haus.

Ich hätt’ Euch ja noch mehr zu sage,

was sich in unserm Örtche hat zugetrage.

Aber kehrt hier bei Frau und Herr Sonne ein
um zu trinke ihren guten Wein.

Wenn die Sonne dort oben auch Wasser zieht
do drin mer doch e gut Schöppche griet.

Auch der Metzger-Ede
ist mit seinen guten Sachen vertrete.
Dieses Jahr wolle mer noch einmal kräftig feiern
des nächste Jahr tun mer uns vielleicht auf dem Kasernehof rumärjern. – V i v a t!

 

Mein Mundschenk, das is noch e Kalle,

jedes zweite Glas tut er für sich behalle.

Er schlürft es aus mit einem Ruck
und für mich bleibt nur noch ein Schluck.

Trotzdem soll mein Mundschenk leben,

ich will auch auf ihn mein Glas mal erheben. – V i v a t!

 

Die Kerwemädchen sind dies Jahr sehr begehrt,
sie haben sich von drei auf sechs vermehrt.
Drum mach ich jetzt Schluß, ich will’s Euch sache,

das viele Gebabbel schlägt mir schon auf den Mache.
Die Kerwegesellschaft will tanze und trinke
und manche Freude tut dene sonst noch winke.

Ich appeliere an Eure Manier
bleibt nachher noch ein bisschen hier.

Ihr Musikante, lasst Eure Instrumente erklinge
dass mer könne tüchtig die Tanzbaa schwinge.

Ich rufe Euch allen laut zu

„Es lebe die Bärstädter Kerb - - - j u c h h u ! ! ! !